Virtuelle Realität zur Rehabilitation nach Schlaganfall: Cochrane Review zeigt mögliche Vorteile

Älterer Mann sitzend mit VR-Brille

In einer virtuellen Realität können die Nutzer*innen mit einer computergenerierten, naturgetreuen Umgebung interagieren. Ein aktueller Cochrane Review hat untersucht, ob virtuelle Realität (VR) bei der Rehabilitation nach einem Schlaganfall helfen kann.

Die Analyse umfasst 190 Studien mit über 7.000 Teilnehmenden und deutet darauf hin, dass VR ein vielversprechender Ansatz sein könnte – vor allem bei der Rehabilitation der Arm- und Handfunktion und der Möglichkeit, die Patient*innen zu motivieren, länger und engagierter an der Therapie teilzunehmen.

Die Übersicht ist die vierte Aktualisierung eines Cochrane Reviews, der erstmals 2011 veröffentlicht wurde. In der aktuellen Version kamen nun 119 neue Studien hinzu.  Die Bandbreite der untersuchten VR-Technologien reichte von einfachen, bildschirmbasierten Videospielen bis hin zu VR-Brillen, die speziell für die Schlaganfallrehabilitation entwickelt wurden.

Das internationale Autorenteam fand Hinweise darauf, dass VR im Vergleich zur Standardtherapie wahrscheinlich leichte Verbesserungen der motorischen Funktion der Arme und Hände  erzielen kann. Noch größere Effekte zeigten sich, wenn VR zusätzlich zur üblichen Versorgung eingesetzt wurde.

„Es ist bekannt, dass eine längere Zeit in der Therapie die Ergebnisse nach einem Schlaganfall verbessert“, erklärt die federführende Autorin Kate Laver von der australischen Flinders Universität. „Virtuelle Realität kann eine recht kostengünstige Möglichkeit sein, die Betroffenen zu einer längeren Therapiedauer zu motivieren – und das ohne ständige Begleitung durch medizinisches Personal“.

Die Analyse weist zudem auf mögliche positive Auswirkungen auf das Gleichgewicht und die Bewältigung von Alltagsaktivitäten hin. Aussagen zur Mobilität, Teilhabe und Lebensqualität sind jedoch mit Unsicherheit behaftet, da in diesen Bereichen nur begrenzte oder wenig verlässliche Daten vorliegen.

Auch Verträglichkeitsaspekte wurden im Review untersucht. Unerwünschte Wirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen oder Schmerzen traten selten auf und waren überwiegend mild ausgeprägt. Insgesamt scheinen VR-Technologien sicher und gut verträglich.

Einige Einschränkungen gibt es allerdings:

  • Viele der eingeschlossenen Studien waren klein und nutzten einfache oder kostengünstige VR-Systeme, beispielsweise handelsübliche Spielkonsolen. Nur wenige Studien untersuchten speziell entwickelte, immersive Systeme (VR-Brillen). Deren Wirksamkeit ist daher noch unklar.
  • Zudem konzentrieren sich die meisten Anwendungen auf das Training der motorischen Funktion; Alltagshandlungen wie Anziehen oder Kochen wurden dagegen bislang kaum untersucht.

Laver betont das Potenzial der VR-Technologie nach einem Schlaganfall: „VR kann reale Situationen simulieren, etwa einen Einkauf im Supermarkt oder das Überqueren einer Straße. Damit lassen sich Aufgaben trainieren, die im echten Leben zu riskant wären“. Gleichzeitig sieht sie Nachholbedarf: „Noch dominieren einfache Anwendungen die Forschung. Hier besteht eine große Chance, weitere funktionale, alltagsnahe Therapien zu entwickeln."

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