
Was kann man tun, damit Menschen in Pflegeheimen seltener stürzen? Ein aktueller Cochrane Review zeigt, welche Maßnahmen Stürze wahrscheinlich wirksam verhindern können. Besonders erfolgversprechend scheint, wenn körperliches Training mit Ernährung bzw. der Gabe von Vitamin D kombiniert wird. Auch Pflegepersonal und Einrichtungsleitung aktiv einzubinden, könnte eine entscheidende Rolle spielen.
Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen stürzen im Durchschnitt etwa zweimal pro Jahr – und damit deutlich häufiger als ältere Menschen, die zu Hause leben. Die Folgen können gravierend sein: von Prellungen und Knochenbrüchen – insbesondere Oberschenkelhalsbrüchen – über den Verlust der Gehfähigkeit bis hin zur dauerhaften Bettlägerigkeit oder sogar zum Tod. Deshalb ist es sehr wichtig, Stürzen wirksam vorzubeugen.
Stürze älterer Menschen in Pflegeheimen entstehen in der Regel durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Entsprechend kann Sturzprävention auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen: bei den Bewohner*innen selbst – etwa durch eine Optimierung der Medikation (weil manche Mittel beispielsweise Schwindel, Benommenheit oder Gangunsicherheit auslösen können), eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D oder körperliches Training. Oder beim Personal – durch gezielte Schulungen beispielsweise – und auf organisatorischer Ebene, etwa indem Gefahrenquellen in der Umgebung beseitigt werden (z.B. bessere Beleuchtung, angepasste Betthöhe, trittsicherer Bodenbelag).
Sturzprävention kann grundsätzlich aus einer einzelnen Maßnahme bestehe oder aus einem ganzen Bündel – und sie kann individuell auf einzelne Senior*innen angepasst sein oder für alle Bewohner*innen gleich.
Für den neuen Cochrane Review wurden 104 Studien (mit 68 964 älteren Menschen) gesichtet. Viele Studien vergleichen die untersuchten Maßnahmen zur Sturzprävention mit der „üblichen Versorgung“, die je nach Einrichtung variierte. Das Durchschnittsalter der Senior*innen betrug 84 Jahre, 72% waren Frauen.
Der Review kommt zu dem Ergebnis: Maßnahmen, die jeweils auf die individuellen Bedürfnisse und Risikofaktoren der Bewohner*innen zugeschnitten sind und von Pflegekräften begleitet werden (so genannte „multifaktorielle Maßnahmen“), verringern wahrscheinlich die Zahl der Personen, die stürzen, und auch die Gesamtzahl an Stürzen. Diese Maßnahmen umfassten in den Studien beispielsweise eine individuelle Medikamentenoptimierung plus spezielle Schulungen des Personals plus die Beseitigung von Sturzgefahren in den Räumen des Heims.
Tanzen, Gehprogramme, Balanceübungen und andere Bewegungseinheiten verringern wahrscheinlich die Gesamtzahl der Stürze, aber nur solange sie regelmäßig mehr als einmal pro Woche stattfinden. Davon scheinen dann auch Menschen mit Demenz zu profitieren. Es werden jedoch weitere Studien zur Wirksamkeit spezifischer Bewegungstrainings benötigt, besonders für weniger mobile Bewohner*innen.
Ob Medikamentenoptimierung als alleinige Maßnahme wirkt, können die Cochrane-Wissenschaftler*innen nicht sagen – unter anderem, weil die Art der Medikamentenchecks in den Studien ganz unterschiedlich und damit nicht vergleichbar waren.
Der Cochrane Review zeigt zudem: Die Gabe von ausreichend Vitamin D senkt wahrscheinlich die Gesamtzahl der Stürze, aber möglicherweise nicht die Zahl der „mindestens-einmal-Gestürzten“. Das bedeutet: Durch eine Vitamin D-Supplementation werden vor allem Wiederholungsstürze vermieden.
Werden im Speiseplan für die Senior*innen mehr Milchprodukte eingeplant, verringert diese zusätzliche Zufuhr von Protein und Kalzium möglicherweise das Risiko für Stürze sowie sturzbedingte Knochenbrüche.
Der Cochrane Review bietet zwar erste Hinweise darauf, welche Maßnahmenpakete wirksam sein könnten, macht zugleich aber weiteren Forschungsbedarf deutlich. Angesichts der Komplexität von Sturzprophylaxe-Maßnahmen empfehlen die Autor*innen, dass zukünftige Studien die Umsetzung, Nachhaltigkeit und Kosten-Effektivität standardisiert erfassen und berichten sollten.