Ein komplett überarbeiteter Cochrane Review zeigt: Calciumpräparate in der Schwangerschaft schützen offenbar nicht vor Präeklampsie. Zu diesem Schluss kommen Cochrane-Autorinnen nach Auswertung zuverlässiger Daten aus großen Studien. Die Ergebnisse widerlegen langjährige Annahmen zur vorbeugenden Wirkung von Calcium.
Präeklampsie ist eine Schwangerschaftserkrankung, die etwa ab der 20. Schwangerschaftswoche auftreten kann. Sie kann sowohl bei der Mutter als auch beim Kind dauerhafte gesundheitliche Folgen hinterlassen oder sogar tödlich verlaufen. Typische Anzeichen sind ein neu auftretender Bluthochdruck, der gleichzeitig mit Funktionseinschränkung eines weiteren Organs auftritt, z.B. der Nieren. Die einzige wirksame Behandlung besteht darin, das Kind zu entbinden.
Calciumpräparate galten lange als vielversprechende Präventionsmaßnahme, vor allem in Ländern mit calciumarmer Ernährung. Die WHO empfiehlt dort bis heute, dass Schwangere zusätzliches Calcium einnehmen sollen. Doch die Evidenz war stets uneinheitlich, und frühere Hinweise auf eine vorbeugende Wirkung beruhen vermutlich auf kleinen, methodisch weniger verlässlichen Studien.
Der jetzt veröffentlichte Cochrane Review wurde umfassend aktualisiert und berücksichtigt insgesamt 10 randomisierte kontrollierte Studien mit 37.504 Frauen. Untersucht wurde die Wirkung von Calciumsupplementen in der Schwangerschaft im Vergleich zu Placebo sowie zwischen hoher (1500 mg/Tag) und niedriger Calcium-Dosis (500 mg/Tag). Neu ist eine Überprüfung aller bisher eingeschlossenen Studien darauf, ob Hinweise auf Probleme mit der Forschungsintegrität bestehen. Anhand einer Checkliste wurden problematische Studien identifiziert - also solche, die etwa Fehler bei der Durchführung oder gar wissenschaftliches Fehlverhalten aufweisen könnten und deren Ergebnisse folglich als nicht verlässlich gelten. Im Rahmen der Neubewertung fielen 20 der 27 zuvor eingeschlossenen Studien weg: Neun wurden vorläufig ausgeschlossen, weil entscheidende Informationen nicht verifiziert werden konnten, und elf endgültig, da sie die aktualisierten Einschlusskriterien nicht mehr erfüllten. Drei weitere Studien kamen neu hinzu.
Auf Basis von vier großen, methodisch hochwertigen Studien zeigt die aktuelle Analyse, dass Calcium weder Präeklampsien noch Frühgeburten wirksam verhindert. Ein höchstens minimaler Effekt ist möglich (RR 0,92; 95 %-KI 0,79–1,05). Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz zu weiteren Endpunkten – etwa spätem fetalem Tod, perinatalem Tod oder mütterlichen Komplikationen – ist zwar geringer. Dennoch deuten auch diese Ergebnisse darauf hin, dass Calcium keinen oder höchstens einen sehr kleinen schützenden Effekt hat. Der Vergleich zwischen niedriger und hoher Calciumdosierung ergab keine Hinweise darauf, dass eine der beiden wirksamer ist. Auch in Subgruppen zeigt sich kein Hinweis auf einen Nutzen – weder für Frauen mit hohem Präeklampsie-Risiko noch für Frauen in Ländern mit niedriger Calciumaufnahme.
Die Cochrane-Autorinnen halten die Ergebnisse ihrer Übersichtsarbeit jetzt für so verlässlich, dass weitere Studien die vorliegende Evidenz wahrscheinlich nicht ändern würden. Zukünftige Forschung sollte daher andere Ansätze als die Nahrungsergänzung mit Calcium verfolgen, um das Risiko einer Präeklampsie zu vermindern.