Ernährung, Bewegung, Verhalten kann Übergewicht reduzieren

Zwei kürzlich veröffentlichte Cochrane Reviews fassen die Evidenz zur Wirksamkeit unterschiedlicher Interventionen in der Behandlung von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen zusammen.

Die Reviews fassen die Ergebnisse von 114 Studien, mit Daten zu über 13.000 Kindern und Jugendlichen, zusammen. Sie zeigen, dass zusätzlich zu Ernährungsmaßnahmen auch Interventionen in den Bereichen körperliche Aktivitäten und Änderungen der Verhaltensweisen dazu führen können, dass das Gewicht bei Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 17 Jahren reduziert sein könnte. Allerdings haben einige Studien methodische Schwächen und teilweise zeigen sie widersprüchliche Ergebnisse.

Adipositas bei Kindern und Jugendlichen ist weltweit eines der relevantesten Gesundheitsthemen. Schnelle Gewichtszunahme bei Kindern und Jugendlichen ab dem Alter von 6 Jahren hat global zugenommen und kann maßgebende Auswirkungen auf die psychische und körperliche Gesundheit haben, wie zum Beispiel Diabetes, Bluthochdruck, Asthma, Schlafstörungen oder ein niedriges Selbstwertgefühl. Adipositas bei Kindern und Jugendlichen kann bis in das Erwachsenenalter hinein andauern, dies erhöht das Risiko für Krankheiten in späteren Jahren.

Beide Cochrane Reviews werden als Basis für Arbeiten der Weltgesundheitsorganisation dienen. Die Reviews untersuchen die Wirksamkeit von Ernährungsmaßnehmen und Interventionen zu körperlicher Aktivität sowie verhaltenstherapeutische Interventionen in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht und Adipositas ab dem Alter von sechs Jahren. Sie bilden den Abschluss einer Reihe von sechs Reviews, welche chirurgische Eingriffe, medikamentöse Behandlung, Interventionen die allein auf die Eltern ausgerichtet waren und Interventionen bezüglich des Lebensstils für Kinder im Vorschulalter beinhalteten.
 
Der sich auf Kinder fokussierende Review schloss 70 Studien mit über 8.000 sechs bis 11-jährigen Kindern in Europa, den USA, Kanada, Neuseeland, Australien, Japan und Malaysia ein. Die meisten Studien verglichen verhaltenstherapeutische Interventionen mit keiner Behandlung oder üblicher Behandlung. Die Mehrheit der Studien (65 von 70) zog Kinder und Eltern oder Betreuungspersonen mit ein.
 
Die Qualität der Evidenz war niedrig aber deutet darauf hin, dass Interventionen, die sich auf eine Kombination von Ernährung, körperlicher Aktivität und Verhaltensänderung ausrichten, geringe, kurzfristige Auswirkungen auf das Gewicht und den Body-Mass-Index  haben können (der Body-Mass-Index ist ein Proxy-Maß des Körperfettes basierend auf Gewicht in Bezug auf Körpergröße, Geschlecht und Alter), wenn sie mit keiner Behandlung oder der üblichen Versorgung verglichen wurde. Nur wenige Studien berichteten darüber, wie sich Ernährung, körperliche Aktivität, und Verhaltensänderung auf Endpunkte wie Lebensqualität und Selbstwertgefühl auswirken. Es gab wenige Nebenwirkungen. Zwei Studien berichteten eine kleine Anzahl von Nebenwirkungen und es wird nicht davon ausgegangen, dass diese mit der Teilnahme an den Studien zusammenhingen.
 
Der Review zu Jugendlichen schloss 44 Studien mit knapp unter 5.000 teilnehmenden, übergewichtigen oder fettleibigen Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren ein. 50 weitere Studien  sind noch in der Durchführung und haben ihre Ergebnisse noch nicht veröffentlicht. Die meisten Studien untersuchten die Wirksamkeit einer Kombination von Interventionen zu Ernährung,  körperlicher Aktivität und Verhalten. Allerdings waren diese kombinierten Interventionen in Inhalt, Dauer und Vergleichsintervention teilweise recht unterschiedlich. Es gab Evidenz moderater Qualität, welche zeigte, dass eine Kombination von Interventionen in der Ernährung, der körperlichen Aktivität und dem Verhalten zu Gewichtsreduktionen von ungefähr dreieinhalb Kilo führen kann. Es gab Evidenz niedriger Qualität dazu, dass diese Interventionen den Body-Mass-Index bis zu etwas mehr als ein Kilo pro m2 reduzieren können. Diese Wirkungen wurden in Langzeitstudien, die bis zu zwei Jahren andauerten, aufrechterhalten. Die Ergebnisse dieses Reviews deuten auch auf eine moderate Verbesserung der Lebensqualität hin. Es gab keine eindeutige Evidenz zu Vor- oder Nachteilen der Verbesserung des Selbstwertgefühls, der Nahrungsaufnahme sowie der körperlichen Aktivität bei Jugendlichen.
 
Die Ergebnisse der Einzelstudien variierten in beiden Reviews und die AutorInnen untersuchten mögliche Gründe hierfür, fanden aber keine eindeutigen Gründe für die Unterschiede. Sie untersuchten, ob die Art der Intervention, das Umfeld der Intervention oder der Grad der Elternbeteiligung für diese Unterschiede zwischen den Studien verantwortlich sein könnten, dem war aber nicht so. Beide Reviews betonen den Bedarf nach mehr Forschung um die Variationen besser verstehen zu können.
 
Dr. Emma Mead, die die Durchführung des Reviews über sechs bis 11-Jährige leitete, welcher Teil ihres PhDs an der School for Health and Social Care, an der Teesside University, Großbritannien, darstellte, machte deutlich, dass diese Ergebnisse ein sehr komplexes Bild zu einem global wichtigen Gesundheitsthema ergänzen: „Diese Reviews sind wichtig, weil sie die neuste und aktuellste Evidenz  beinhalten, die zeigt, dass  Interventionen zu Verhaltensänderungen übergewichtigen und fettleibigen Kindern helfen können. Doch brauchen wir mehr Forschung, um zu verstehen, wie wir diese positiven Wirkungen aufrecht erhalten können nachdem die Interventionen abgeschlossen sind und um zu erfahren, welche Interventionen am besten in einkommensschwächeren Ländern und in Familien mit unterschiedlichen soziodemographischen Hintergründen wirken.“

Dr. Lena Al-Khudairy, Wissenschaftlerin an der Division of Health Sciences an der University of Warwick, Großbritannien, die den Review über Jugendliche leitete, sagte: “Vorgehensweisen, die mehrere Interventionen kombinieren, können wirksam sein, um Übergewicht und Fettleibigkeit bei Jugendlichen anzugehen, aber wir bräuchten mehr Informationen darüber, welche spezifischen Komponenten am wirksamsten für wen sind und darüber was Jugendliche von den Interventionen halten.“

Referenzen der Reviews:

  • Mead E, Brown T, Rees K, Azevedo LB, Whittaker V, Jones D, Olajide J, Mainardi GM, Corpeleijn E, O'Malley C, Beardsmore E, Al-Khudairy L, Baur L, Metzendorf M-I, Demaio A, Ells LJ. Diet, physical activity and behavioural interventions for the treatment of overweight or obese children from the age of 6 to 11 years. Cochrane Database of Systematic Reviews 2017. Issue 6. Art. No.: CD012651. DOI: 10.1002/14651858.CD012651.pub1

  • Al-Khudairy L, Loveman E, Colquitt JL, Mead E, Johnson RE, Fraser H, Olajide J, Murphy M, Velho RM, O'Malley C, Azevedo LB, Ells LJ, Metzendorf M-I, Rees K. Diet, physical activity and behavioural interventions for the treatment of overweight or obese adolescents aged 12 to 17 years. Cochrane Database of Systematic Reviews 2017. Issue 6. Art. No.: CD012691. DOI: 10.1002/14651858.CD012691.pub1