Cochrane Review zu Maßnahmen des Infektionsschutzes in Schulen

Schulkind mit Gesichtsmaske

Wie wirksam sind Maßnahmen, die das Infektionsrisiko für COVID-19 an Schulen senken und damit die Weiterführung des Schulbetriebs ermöglichen sollen? Dieser Frage geht ein aktueller Cochrane Rapid Review nach. Die darin gesammelte Evidenz ist bereits Grundlage einer entsprechenden Leitlinie in Deutschland.

Um die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen, wurden auch an Schulen eine ganze Reihe von Infektionsschutz-Maßnahmen eingeführt. Ziel ist es, den Schulbetrieb möglichst sicher zu machen und dadurch weitere Schulschließungen zu vermeiden. Allerdings ist unklar, welche dieser Maßnahmen wie stark hierzu beitragen und welche Auswirkungen sie auf andere Lebensbereiche haben. Die wissenschaftliche Evidenz hierzu zusammenzufassen, war Ziel dieses Reviews.

Die Maßnahmen im schulischen Bereich lassen sich in vier große Kategorien einteilen:

  1. Verringerung der Kontaktmöglichkeiten, z.B. durch die Reduzierung der Klassenstärke, die Öffnung nur bestimmter Schultypen (z. B. Grundschulen) oder die Einführung von Wechselunterricht.
  2. Kontakte sicherer machen, etwa durch Gesichtsmasken, eine bessere Belüftung, Reinigung, Händewaschen oder geänderten Sport- oder Musikunterricht.
  3. Überwachung: Screening auf Symptome und/oder Testen von möglicherweise infizierten Schülern und Lehrern und wenn nötig deren Quarantäne bzw. Isolierung.
  4. Kombinationen von Maßnahmen der Kategorien 1, 2 und 3.

Schulmassnahmen COVID-19


Die Autoren wollten herausfinden, welche dieser Maßnahmen wirklich zu einem sicheren Schulbetrieb beitragen. Dafür suchten sie nach Studien, die sich mit den Auswirkungen solcher Maßnahmen im schulischen Umfeld auf die Ausbreitung des COVID-19-Virus, die Auswirkungen auf das Gesundheitssystem (z. B. wie viele Krankenhausbetten benötigt werden) sowie wichtige soziale Aspekte (z. B. wie oft Schüler die Schule besuchen können) befassten. Sie schlossen dabei sowohl Studien mit Daten aus dem wirklichen Leben (Beobachtungsstudien) als auch solche auf Basis von computergenerierten Simulationen (Modellstudien) ein. Stichtag für die Suche nach relevanter Literatur war der 9. Dezember 2020.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

Die Autor*innen fanden 38 relevante Studien, die den Einschlusskriterien entsprachen. Die meisten davon waren Modellierungsstudien (33 Studien). Nur fünf Studien verwendeten Daten aus der realen Welt. Zwanzig Studien wurden in Nord- oder Südamerika durchgeführt, 16 in Europa und zwei in China.

Für alle vier Maßnahmen-Kategorien (s.o.) fand sich mehrheitlich Evidenz für eine Wirksamkeit, einzelne Studien ergaben aber auch durchwachsene oder fehlende Effekte. Unterm Strich sehe es aber so aus, als habe die Kombination einer breiten Palette von Maßnahmen die größten Aussichten, eine Wiedereröffnung von Schulen beziehungsweise die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs bei gleichzeitig geringem Übertragungsrisiko zu ermöglichen , sagt Ko-Autorin Lisa Pfadenhauer. Solche Maßnahmen könnten am ende auch die Zahl der Menschen verringern, die aufgrund einer COVID-19-Erkrankung ins Krankenhaus müssen. Zu anderen Konsequenzen dieser Maßnahmen, etwa für Bildung, Ressourcen oder die körperliche und geistige Gesundheit von Schüler*innen lasse die im Review versammelte Evidenz kaum Rückschlüsse zu, da für diese Fragestellungen Daten aus der realen Welt fehlen.

Modellierungsstudien mit großen Unsicherheiten

Insgesamt ist die Aussagekraft der für den Review ausgewerteten Studienergebnisse aber sehr begrenzt: Die Autor*innen bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach GRADE als niedrig bis sehr niedrig. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Studien nicht auf sogenannten Realwelt-Daten, sondern auf mathematischen Modellen mit großen Unsicherheiten beruhen. Zudem wurden viele der in den Review einbezogenen Studien als sogenannte Preprints veröffentlicht, also ohne den sonst für wissenschaftliche Publikationen üblichen „Peer Review“, in dem unabhängige Fachleute das Manuskript überprüfen.

„Insgesamt ist der Mangel an guter Evidenz aus Realwelt-Studien enttäuschend. Denn machbar wären solche Studien durchaus“, meint Pfadenhauer. Allerdings seien seit der Literatursuche Ende 2020 einige neue Studien erschienen, die in der demnächst anstehenden Aktualisierung des Reviews berücksichtig würden.

Evidenz ist bereits Teil der deutschen Leitlinie

Die im Rahmen des deutschen Forschungsprojektes CEOsys ausgewertete Evidenz dieses Reviews ging zunächst in die deutsche S3-Leitlinie „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“ ein, die in erster Fassung bereits im Februar 2021 erschien. Die der Leitlinie zugrundeliegenden Evidenzsynthesen sind in Form des Cochrane Review nun international verfügbar.