Cochrane unterstützt die Transparenzpolitik der EMA zur Veröffentlichung klinischer Studienberichte

Cochrane unterstützt die Politik der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), die sich für einen freien Zugang der Öffentlichkeit zu Zulassungsdokumenten von Arzneimitteln einsetzt. Derzeit ist diese Initiative Gegenstand einer gerichtlichen Anfechtung.

Die EMA wartet gegenwärtig auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Er soll  entscheiden, ob die EMA rechtlich befugt ist, der Öffentlichkeit Zugang zu klinischen Studienberichten (Clinical Study Reports oder CSRs) zu gewähren. CSRs sind detaillierte Dokumente, die Arzneimittelfirmen den Behörden im Rahmen des Zulassungsverfahren zur Verfügung stellen müssen. Sie sind oft die mit Abstand umfassendste Quelle von Informationen über eine klinische Studie und enthalten Details zu Design und Methoden, sowie zu seltenen Nebenwirkungen.

Im Jahr 2016 begann die EMA proaktiv damit, neue CSRs öffentlich zugänglich zu machen. Sie ist die erste Regulierungsbehörde weltweit, die diesen Schritt machte. Als Reaktion darauf haben zwei Pharmaunternehmen rechtliche Schritte gegen die EMA eingeleitet. Sie argumentieren, dass die in den Studienberichten enthaltenen Informationen als Betriebsgeheimnisse angesehen werden sollten.

Ein erstes Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Februar 2018 fiel zu Gunsten der EMA aus. Daraufhin wurde Berufung eingelegt. Im September 2019 veröffentlichte dann ein Generalanwalt des Gerichthofs eine Stellungnahme, dass die Praxis der EMA in der Tat kommerzielle Interessen beeinträchtigte. Ein endgültiges Urteil wird in Kürze erwartet*. Für den Fall, dass die Empfehlungen des Generalanwalts befolgt werden sollten, befürchtet der Vorstand der EMA, dass „die bestehende Transparenzpolitik beeinträchtigt wird und überarbeitet werden muss“. 

Zum Thema äußerte sich Cochranes Chefredakteurin, Dr. Karla Soares-Weiser:

"Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass die Berichterstattung über randomisierte kontrollierte Studien in wissenschaftlichen Journalen oft unvollständig ist und dass einige Studien nie veröffentlicht werden. Der Zugang zu Studienberichten für eine erweiterte Analyse ist ein wesentliches Werkzeug um die Integrität der medizinischen Forschung zu stärken. So kann das Potenzial für Fehler, Fehlinterpretationen, Verzerrungen, Korruption und Betrug reduziert werden.

Die Transparenzbemühungen der EMA sollten gefördert und erweitert, nicht zurückgeschraubt werden. Wir sind sehr besorgt, dass ein Urteil, welches Studienberichte als vertrauliche kommerzielle Informationen einstuft, einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen könnte.  Das würde die Arbeit von Forschern hemmen, den wissenschaftlichen Fortschritt verlangsamen und - im schlimmsten Fall - die Gesundheit und das Leben von Menschen gefährden".

*Nachtrag: das Urteil fiel am 22.01.20 zugunsten der EMA aus.

Übersetzt aus dem Englischen von Cochrane Deutschland. 

Aktualisierung: Am 

Anmerkung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.